Windumpeitscht und sturmdurchtost

Morgenlicht auf der Straße nach Andenes

Morgenlicht auf der Straße nach Andenes

Mittwoch – 29. Juni: Nach der kurzen Überfahrt mit der Hurtigrute nach Risøyhamn, habe ich mich direkt auf den Weg gemacht, weiter nach Andenes, dem Hauptort der Insel Andøya. Eine Etappe vorbei an seltenen Tieren und durch eine wilde Landschaft. Und ein echter Kampf mit den Naturgewalten.

 

Während sich der überwiegende Teil des zivilisierten westlichen Europas noch in seinen Betten räkelte, haben mein Anhänger und ich heute morgen bereits die nächste Etappe in Angriff genommen. Exakt um 4:45 Uhr bin ich in Risøyhamn aus dem Postschiff geworfen worden. Nicht weil ich mich irgendwie daneben benommen hätte, nein, es war vielmehr der Fahrplan, der nicht wirklich auf meine (Schlaf-)Bedürfnisse abgestimmt war. Jedenfalls stand ich nach durchwachter und sehr kurzer Nacht an Bord der “MS Vesterålen” um Viertel vor fünf schon wieder auf der Straße. Hell ist es ohnehin die ganze Zeit – da blieb eigentlich nicht viel anderes zu tun, als langsam und gemütlich weiter zu radeln.

Bauernhof an der Küstenstraße

Bauernhof an der Küstenstraße

Langsam und gemütlich – das funktionierte allerdings nur eine gewisse Zeit lang. Risøyhamn liegt am südlichsten Punkt der Vesteråleninsel Andøya. Genau am anderen, dem nördlichen Ende der Insel, befindet sich Andenes, mein Etappenziel, wo für die nächsten beiden Nächte schon ein Hotelzimmer auf mich wartete. Dazwischen entweder rund 50 Kilometer eher “normaler” Wegstrecke auf der Festlandseite, oder ungefähr 60 Kilometer – so steht es zumindest in vielen Reiseführern – spektakuläre Küstenstraße. Da musste ich gar nicht nicht lange überlegen, wo ich lang fahren sollte.

 

Immer hart am Wind

Immer hart am Wind

Die Küstenstraße führte zunächst vorbei an einigen Bauernhöfen an der zentralen Bergkette der Insel vorbei nach Westen in ein Moorgebiet. Als das Meer nach zehn Kilometern in Sicht war dann der Knick nach rechts, jetzt ging es – links das Meer und rechts die Berge – nach Norden weiter. Schnell wurde auch klar, was das größte Problem des Tages werden würde: der starke Wind. Zu meinem Glück kam der zunächst von hinten, einige Kurven weiter dann aber konstant von der Seite. Ich musste mich ganz schön dagegen stemmen, um nicht von einer der Böen von der Straße gepustet zu werden. Auch war es nicht wirklich ein Vergnügen, anzuhalten, um Fotos zu machen oder etwas zu essen – kaum bin ich mal eine Minute stehen geblieben, hat mich der Wind auch sofort ausgekühlt. Hinzu kam dann irgendwann die Müdigkeit.

 

Das Profil der Etappe war glücklicherweise die meiste Zeit recht flach. Die schmale Straße, auf der fast keine Autos unterwegs waren, führte abwechselnd durch die Ausläufer der steilen Klippen und durch Moorgebiete. Überhaupt befindet sich auf Andøya das größte zusammenhängende Moorgebiet Norwegens – auch einige Forschungsstationen und ein Raketen-Abschussfeld zur Erforschung des Polarlichts und der Atmosphäre. Tiere gibt es ebenfalls zu beobachten, besonders Vogelfreunde kommen auf ihre Kosten. (Ich empfehle hier die Bildergalerie!)

Tunnel kurz vor Andenes

Tunnel kurz vor Andenes

Nach der Durchquerung eines noch einmal etwas anstrengenden und windigen Hochtals und eines kurzen Tunnels hatte ich es dann geschafft. Andenes war nach knapp vier Stunden “Nachtfahrt” um 8:30 Uhr erreicht. Natürlich war mein Hotelzimmer noch nicht frei, aber ich konnte schon mal meine Sachen unterstellen und musste dann nur noch ein paar Stunden im Zentrum der 2.600-Einwohner-Metropole totschlagen. Was aber nicht schwerfiel. Erstmal bin ich in den Fahrradladen gegangen und habe meine Hinterradbremse richten lassen. Dann gab es ein kleines Frühstück in der Bäckerei inklusive kostenlosem Internet. Und auch für Morgen habe ich schon Vorbereitungen getroffen. Auf dem Schiff, das um 16 Uhr ablegt, ist für mich ein Platz bei der Wal-Safari reserviert.

 
Andenes war wegen seiner günstigen Lage lange Zeit ein Zentrum des norwegischen Walfangs. Heute, da nur noch wenige Arten gejagt werden dürfen und die Norweger auch nur einen Teil der ihnen zustehenden Abschussquote nutzen, ist die Stadt der Anlaufpunkt für Wal-Tourismus geworden. Gleich mehrere Anbieter veranstalten Bootstouren zur Beobachtung von Robben, Papageientauchern, Seeadlern und eben auch Pottwalen und Orcas. Angeblich ist die Begegnung mit den Riesentieren sogar garantiert. Ich bin gespannt…

Hier geht’s zur Bildergalerie…

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3 Antworten auf Windumpeitscht und sturmdurchtost

  1. Nicole sagt:

    Ja, mei… Du kommst ja echt gut voran! Krieg echt Lust auf Zelturlaub, wenn ich deine Posts lese. Bist ja in ner Wahnsinns-Landschaft unterwegs. Neid! :)

  2. Arne sagt:

    Ganz hervorragend! Den Wind besiegt!

  3. Nils sagt:

    Hei!
    Det er moro å se igjen Andøya og lese dine opplevelser av øya. Flatt og vind som kommer alltid i mot. Du kan være glad du ikke er der oppe på vinterstid!
    Hvalsafarien kommer til å bli en opplevelse – gled deg! Nils

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